Kleine PV-Anlagen mit maximal 20kWp boomen im Moment regelrecht. Inzwischen sind wir bei fast 29GW installierte Leistung (Stand 18.11) - damit ist fast ein Drittel der installierten PV in diesem Segment verbaut.
Inzwischen haben diese Anlagen eine so hohe Leistung erreicht, dass sie an Sonn- und Feiertagen bald Deutschland alleine versorgen könnten. Was sich toll anhört ist aber für die Netz gar nicht gut, denn Anlagen unter 25kWp können nicht gesteuert werden und reagieren auch nicht auf den Marktpreis. Es drohen somit extreme negative Preise, da der Strom nicht mehr verbraucht werden kann.
Wenn dann auch das Ausland nicht aufnehmen kann (der PV-Ausbau boomt ja europaweit!) könnte das zu einer Anstieg der Frequenz auf >50,2Hz führen. Dann würden zwar die Einspeisung heruntergefahren werden, das System findet jedoch nicht in den "stabilen" Zustand von 49,8-50,2Hz zurück. Das herauszufordern darf nicht das Ziel sein. (Quelle/weiterführender Thread von Christoph Maurer auf X)
Man könnte natürlich drauf warten, dass der Markt diese Anreize z.B. mit Netzspeichern oder Heizstäben verwertet. Aber das halte ich für keine vernünftige Lösung, vor allem, da es das EEG-Konto sehr belasten wird und Wasser auf die Mühlen der Bürgerenergiewende-Gegner ist.
Aus meiner Sicht braucht es vor allem eine bessere Integration kleiner PV-Anlagen in den Markt. PV-Betreibern müssen die richtigen Anreize gesetzt werden, also möglichst viel aufs Dach packen und mit dem eingespeisten Strom möglichst wenig das Netz belasten. Darum habe ich folgende Vorschläge:
1. Direktvermarktung light
Die aktuelle Direktvermarktung sorgt für Zusatzaufwand von Seiten des Anlagenbetreibers, den es absolut zu vermeiden gilt. Daher sollte alles wie bisher im Hintergrund laufen. Der Strom wird wie bisher automatisch vermarktet, nur erhalte ich statt meiner Fixvergütung nur genau das, was der Strom zur Einspeisestunde wert war (Vermarktungskosten übernimmt das EEG weiterhin). Die Förderung erfolgt hier wie bei den großen Anlagen über das Marktprämienmodell, d.h. ich erhalte die Differenz anzulegender Wert - Marktwert Solar
. Der anzulegende Wert ist von der Einspeiseleistung abhängig (siehe Punkt 2).
Der Vorteil ist, dass so endlich ein Anreiz besteht, den Strom auch möglichst gewinnbringend einzuspeisen. Anlagen mit intelligenter Steuerung würden so angereizt, an Sonnentagen den Strom früh einzuspeisen und erst am Vormittag die Speicher oder das Elektroauto zu laden. So könnte der Mittagspeak deutlich entschärft werden, wodurch die Kosten der Energiewende sinken. In Stunden mit stark negativen Preisen würden die Anlagen zudem nur noch den Eigenbedarf bedienen und das Problem so nicht weiter verschärfen.
Das Ganze hat natürlich auch deutliche Nachteile. So sind Anlagen ohne Speicher in dieser Variante stark benachteiligt. Auch sind die Einnahmen aus der Solaranlage dann natürlich nicht mehr konstant und hängen indirekt davon ab, wie flexibel andere PV-Anlagen sind (wenn meine persönlicher Marktwert pro kWh 0,5ct weniger ist als der Schnitt, bin ich natürlich auch 0,5ct unter dem anzulegenden Wert). Durch die Wahl anderer Referenzen könnte man das etwas tweaken.
Dieses Modell wäre erstmal optional, wie man auch heute schon in die Direktvermarktung gehen kann. Es sollte aber schrittweise Pflicht für alle Anlagen mit Einspeiseleistung >2kWp werden.
2. Vergütung abhängig von der Einspeiseleistung
Aktuell gibt es für Dachanlagen zwei relevante Tarife: 8,03ct bis 10kWp und 6,95ct bis 40kWp. Der Schnitt bei 10kWp ist scharf, wodurch man in Grenzfällen das Dach lieber doch nicht ganz voll macht, um unter den 10kWp zu bleiben.
War leider Unfug von mir, sorry. Dadurch gibt es kein akutes Problem, aber der Vorschlag hat dennoch noch etwas.
Stattdessen schlage ich vor, die Einspeisevergütung anhand der maximal einspeisbaren Leistung festzulegen. Diese entspricht entweder der Leistung aller Wechselrichter oder kann softwareseitig eingegeben werden, wenn ein Stromsensor verbaut ist (dann regelt der WR ggf. ab, wenn zu viel eingespeist wird). Auch soll die Einspeisevergütung stufenlos linear abfallen. Wenn es für 2kWp (für weniger würde ich keine höhere Vergütung geben) beispielsweise 8ct gibt und für 10kWp noch 7,2ct, gäbe es für eine Anlage mit 8,5kWp-Einspeisemaximum eine Vergütung von 7,35ct/kWp. Die Leistung kann nachträglich angepasst werden, ohne dass sich das geltende EEG für die ändert, wenn man z.B. durch das neue E-Auto mehr Eigenverbrauch hat.
Der Vorteil wäre hier, dass es keine harten Sprünge mehr gibt und diese Leistung je nach Verbrauchsprofil optimiert wird. So ist weniger Ausbau im Verteilnetz notwendig, was dann mit einer höheren Vergütung honoriert wird. Ich finde das als Maßgröße viel besser geeignet, als das was auf dem Dach verbaut ist und theoretisch seinen Weg ins Netz finden könnte.
Auch hier sind Anlagen ohne Speicher natürlich im Nachteil. Unter Umständen wird auch dann Strom abgeregelt, wenn er eigentlich gebraucht wird. Definitiv wird man in diesem Zug die Höhe der Vergütung neu berechnen müssen, gerade in Verbindung mit dem Einspeisemodell aus Punkt 1.
3. Steuerbox und Stromzähler
Durch konsequente Nutzung von Punkt 1 und 2. kann man die kleinen Anlagen vor der Steuerbox 'retten', weil der Markt regelt, bevor es der Netzbetreiber muss. Daher hätte ich bei allen Anlagen mit einer Einspeiseleistung von unter 11kWp die Steuerbox optional gemacht. Wenn der Netzbetreiber will, darf er sie auf eigene Kosten einbauen. Will der Verbraucher §14a nutzen, sehe ich einen Preis von ~20€ gerechtfertigt. Wie man da auf 50€ kommt kann ich nicht nachvollziehen.
Geregelt werden sollte mehr oder weniger stufenlos, allerdings maximal bis zur Nulleinspeisung. Eigenverbrauch (direkt oder aus dem Speicher) ist zu jeder Zeit möglich - das sollte man mal explizit in die Gesetze schreiben!
Das Smart-Meter ist für Punkt 1 allerdings zwingend notwendig. Den Mehrpreis von 20€/Jahr (30€ -> 50€) sehe ich hier auch einigermaßen gerechtfertigt. Eventuell kann man das für kleine Anlagen etwas abfedern. Die Anforderungen wären hier mindestens stundengenaue Messung und zeitnahe Übertragung. Die Debatte, wie man das genau macht, sprengt hier den Rahmen. Auf jeden Fall kommen wir nicht um einen smarten Ausbau herum, wenn wir weiterhin eine vernünftige und marktorientierte Energiewende von unten machen wollen.
Allerdings würde ich hier auch den Netzbetreiber in die Pflicht nehmen - und zwar dass er jedem ein Smart-Meter und eine Steuerbox einbauen MUSS, wenn es vom Verbraucher gewünscht ist. Als Grund reicht das Vorhandensein einer PV-Anlage oder eines §14a-fähigen Gerätes bereits aus, zusätzlich zur vorgeschlagenen kWh-Grenze.
4. Gering- & Nulleinspeisungsanlagen
Damit die Bürokratie nicht überhand nimmt, würde ich eine "Einspeisefreigrenze" von 2kW definieren. Bis zu diesem Wert ist nie ein Smart-Meter oder eine Steuerbox erforderlich und man kann auch weiterhin mit seinem Ferraris-Zähler agieren, sofern er eine Rücklaufsperre hat (außer die Anlage fällt unter Balkonsolar). Vergütung gibt es dann nach "Marktwert Solar" (also wie bei ausgeförderten Anlagen), sofern die Einspeisung gemessen werden kann. Es ist natürlich dennoch möglich mit <2kW freiwillig ein Smart-Meter zu verbauen und den Stundentarif zu nutzen.
5. Netzpreise
Ebenso wie die Börsenpreise müssen auch die Netzpreise flexibel werden. Ich hab hier noch keine wirklich durchgearbeitete Idee dafür, aber mit höherer Eigenversorgung im Niederspannungsnetz sollte die Gebühr fallen, da der Strom nicht über diverse Leitungen und Netzebenen fließen muss. Auf Null wird man allerdings nicht kommen, da konstant Kosten für das Balancing des Stromnetzes (v.a. Frequenz) anfallen.
Wer sich meinen Aufsatz bis hier gegeben hat, erstmal Danke
Ich freue mich auf eure Meinungen zu dem Thema!