Strommarkt im Gleichgewicht?

Hallo Ihr,

Märkte streben zu einem Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage. Dieses Equilibrium gibt es leider nicht im Strommarkt:
Stromkunden bekommen den Strom aus dem Netz, bezahlen aber an Stromlieferanten, die den Strom an der Börse einkaufen. Leider sind die Netzentgelte nicht an die Auslastung der Netze gekoppelt. Wenn das Netz überlastet ist, muss über den Redispatch der Strom lokal erzeugt werden – eine teure und ineffiziente Maßnahme.

Besser wäre es, die Netzentgelte flexibel zu gestalten: Bei geringer Netzauslastung sollten sie sinken, um Anreize für eine netzdienliche Nutzung zu setzen. Gleichzeitig muss verhindert werden, dass dies zu Spekulation und künstlicher Nachfrageverschiebung führt, ohne echten Nutzen für das Netz. Zudem könnte ein intelligentes System Stromlieferanten ermöglichen, Strom direkt aus lokalen Speichern in der Umgebung der Kunden zu beziehen. Für diese kWh würden die meisten Netzentgelte entfallen, wodurch das Netz entlastet würde.

Damit entstünde ein marktgesteuertes Interesse (ohne Subventionen), große Speicher zu betreiben, günstigen Strom einzukaufen (lokal oder bei geringer Netzauslastung) und ihn gezielt dann zu verkaufen, wenn er konkret netzdienlich gebraucht wird. Allerdings darf dies nicht dazu führen, dass Speicher ausschließlich für Arbitrage genutzt werden, ohne einen echten Beitrag zur Netzstabilität zu leisten. Daher müssen klare Kriterien definiert werden, wann ein Speicher tatsächlich als netzdienlich gilt. Derzeit sind große Stromspeicher von Netzentgelten ausgenommen, aber sie arbeiten fast ausschließlich börsenorientiert, nicht netzorientiert. Hier braucht es gezielte Anpassungen, um sicherzustellen, dass Speicher nicht nur zur Gewinnmaximierung, sondern tatsächlich für eine stabile und effiziente Netzinfrastruktur genutzt werden.

Ein möglicher Nachteil könnte sein, dass Netzbetreiber eine hohe Netzauslastung bevorzugen und den Netzausbau verzögern, um höhere Renditen zu erzielen. Daher muss regulierend eingegriffen werden, sodass steigende Netzentgelte nicht in überhöhte Gewinne der Investoren fließen, sondern tatsächlich in den Netzausbau investiert werden. Hier wäre eine Transparenzpflicht wichtig, damit ersichtlich ist, wie Netzentgelte verwendet werden, und Fehlanreize vermieden werden.

Ich bin Elektroingenieur und Ökonom und denke viel über den Netzausbau nach.

Herzliche Grüße Achim

@Achim,
hallo Achim. Weder Ing. noch Ökonom bin ich und doch gebe ich etwas zu Bedenken. Beruflich hatte ich mit einem Stadtwerk zu tun und weiß, dass im Netzbetrieb kein großes Geld verdient wird. Die Netzentgelte können nicht frei vom Netzbetreiber festgesetzt werden. Das jeweilige Entgelt muss er sich genehmigen lassen. Die Formel zur Höhe beinhaltet viele Faktoren. Als Gewinn ist "nur" eine Verzinsung des Eigenkapitals vorgesehen. Da gibt es dann Erlösobergrenzen und Anreizregulierungen, usw. Das Rechenwerk ist schon eine komplexe Materie. Vermutlich wird man sich damit intensiver beschäftigen müssen, und die Auswirkungen des "freien" Marktes" sind wahrscheinlich nicht so bedeutend, wie die dortigen Regulierungen.

Deine Überlegungen kann ich gut nachvollziehen, die Netze möglichst 24/7 gut auslasten, ohne sie zu überlasten. Das bedeutet aber auch, dass die Kunden ihre Gewohnheiten umstellen und dass wir alle auch variable Strompreise (inkl. Netzentgelte) bekämen. Bei mir wurde vor 3 Jahren ein digitaler Zähler eingebaut, doch hat der keine Fernauslesemöglichkeit (eine IR Schnittstelle hat er). Ich fürchte, vom variablen Strompreis sind wir noch weit entfernt.

Wie die Netzengelte verwendet werden, wird mit jedem Jahresabschluss ermittelt und muss von einem WP bestätigt werden. Soweit der Netzbetreiber im elektronischen Handelsregister dne JA veröffentlicht, ist das auch einsehbar.

L.G.

Doch zu jeder Sekunde.
Die minimalem Schwankungen sieht man an der Netzfrequenz

Das Spiel beherrschen wir seit über 100 Jahren
dazu waren früher wenige manuelle Eingriffe notwendig, heute sind es nur in Deutschland über 20'000 pro Jahr das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nicht in eine Richtung umkippt.

Ich habe mir deshalb vor 3 Jahren einen EFH-USV Anlage angeschafft, weil dieses Gleichgewicht immer wackeliger wird und Blackouts im Winter, Brownouts an Ostern oder Load-shedding wie in Südafrika zu erwarten sind.

Hallo Auric,
wo du recht hast, hast du recht. Doch ich als "dummer Endkunde" sehe die Netzfrequenz nicht und dort wo ich Netzbrummen hören kann, reicht mein Gehör nicht aus, um den Unterschied wahrzunehmen. Da die kWh bei mir zu jeder Tages- und Nachtzeit den gleichen Preis hat, richte ich meinen Stromverbrauch folglich auch nicht der jeweiligen Lage am Netz aus, denn die kenne ich nicht und es ändert sich für mich nichts. Seit ich den Hichi habe, schau ich mir gelegentlich das an, was der digitale Zähler so mitteilt. Die Frequenz wird nur in Zahlen ohne Komma angegeben. Da stand bisher immer 50Hz. Die Spannungen der 3 Phasen zeigen recht deutliche Schwankungen an. Die ganze Regelenergie kostet zusätzlich Geld, das wir mit unserer Stromrechnung bezahlen. Daher kommen ja die Ideen, den Strompreis von der Netzlast abhängig zu machen, damit der Kunde über den Preis zu netzverträglichem Verhalten angehalten ist. Das mag bei E-Autos eine große Rolle spielen. Doch wer will schon mit dem Kochen warten, bis es netzdienlich ist, wenn der Magen knurrt? :grinning_face_with_smiling_eyes:
L.G.

Du sprichst ein sehr interessantes und wichtiges Thema an. Die Idee, die Netzentgelte flexibel zu gestalten, um Anreize für eine netzdienliche Nutzung zu schaffen, erscheint sinnvoll. Auch die Möglichkeit, lokale Speicher für eine effiziente Netzstabilität zu nutzen, könnte eine enorme Entlastung bringen. Deine Bedenken bezüglich der Nutzung von Speichern für Arbitrage sind ebenfalls nachvollziehbar. Es ist wichtig, klare Kriterien für netzdienliches Verhalten zu definieren, um eine stabile und effiziente Netzinfrastruktur zu gewährleisten. Spannende Überlegungen! Um auf weitere Informationen zuzugreifen und tiefere Einblicke zu gewinnen, besuchen Sie unbedingt den Link, unter dem alles im Detail erklärt wird. https://mycompany.filemail.com/d/pwkrxrzckdsfvyf

Es gibt ja seit April zeitvariable Netzentgelte. In der Ausgestaltung gibt es aber 2 Probleme. Zum einen sind wie gewohnt die bürokratischen Hürden hoch, um diese zeitvariablen Netzentgelte nutzen zu können. Zum anderen haben wir 866 Verteilnetzbetreiber in Deutschland. Jeder VNB kann sein eigenes Modell für zeitvariable Netzentgelte entwerfen und dieses Modell gilt dann immer nur für ein Kalenderjahr. Ein VNB kann z.B. 2025 in den beiden Winterquartalen nachts 5 Stunden Niedrigtarif bei Netzentgelten bieten. 2026 bietet er in den beiden Sommerquartalen um die Mittagszeit 5 Stunden Niedrigtarif, was fundamental die Nutzungsmöglichkeiten auf Verbraucherseite verändert. 2025 wäre das extrem interessant für Wärmepumpen. 2026 wäre das komplett unbrauchbar für Wärmepumpen. Zeiträume von einem Jahr reichen niemals, um irgendeine Investition zu amortisieren (z.B. in eine Wärmepumpe oder mehr Speicher).

Daneben gibt es eine Reihe weiterer Probleme: Unser Netzausbau erfolgt aktuell gemäß einer Planung, die für 2030 einen Verbrauch von 750 TWh in Deutschland vorsieht. Es steht schon heute fest, dass wir weit darunter bleiben werden. D.h. nicht, dass wir die Netze nicht ausbauen müssen, aber wir müssen punktuell gezielter ausbauen. Wir brauchen nicht alles an Netzausbau, was bislang bis 2030 geplant war. Sonst halten wir am Ende viele extrem teure Netzkapazitäten vor, die bezahlt werden müssen, die aber gar nicht genutzt werden.

Daneben erfolgt der Photovoltaikausbau unbalanciert. Während es einen fein granulierten politischen Plan für den Ausbau von PV gibt, existiert kein konkreter Plan für den Bau von Großspeichern. Die Spitzenlast im deutschen Stromnetz liegt im Sommerhalbjahr an Werktagen bei etwa 70 GW und an Wochenende bei etwa 50 GW. Einen Sockel von ca. 15 GW liefern eigentlich immer Biomasse, Laufwasser und etwas (Offshore-)Wind. D.h. wir können an Werktagen maximal ca. 55 GW Photovoltaik-Strom verwenden und an Wochenende etwa 35 GW an Photovoltaikstrom. Wir werden bis zum Sommer aber ca. 110 GW an Photovoltaik-Leistung in Deutschland installiert haben (aktuell 104 GW). Nun pumpen diese 104 GW installierte PV-Leistung zu keinem Zeitpunkt 104 GW PV-Strom ins Netz, aber eben schon heute um die Mittagszeit fast täglich mehr PV-Strom, als wir brauchen. Ablesbar am Börsenstrompreis. Bis 2030 soll auf 215 GW installierte PV-Leistung in Deutschland ausgebaut werden. Die Last im Sommerhalbjahr wird aber wenig bis gar nicht steigen. Wenn wir das weiter so wie jetzt durchziehen, ist der PV-Zubau nicht nutzbar. Der ab jetzt zusätzlich zugebaute PV-Strom wird dann komplett abgeregelt und weggeworfen. Das generiert ausschließlich Kosten, ohne dass wir ökologisch und ökonomisch vorankommen. Die Lösung ist nicht, dass wir nun den PV-Ausbau stoppen. Wir brauchen eine Festlegung, dass für jedes weitere kW an PV-Leistung 4 kWh an Speicher ans Netz gehen müssen.

Noch ein Problem: Die Bundesnetzagentur schreibt mehrfach im Jahr Aufdach-Photovoltaik mit ein paar hundert MW aus. Die Zuschläge erfolgen aktuell für ca. 9,1 Cent/kWh und diese Vergütung wird dann für 20 Jahre garantiert. Das ist völlig sinnfrei. Die BNA schreibt auch regelmäßig Freiflächen-PV aus. Die Zuschläge liegen da bei um die 5 Cent/kWh. Die BNA kann also PV-Strom in Massen für 5 Cent/kWh einkaufen. Und dann kauft sie wieder und wieder Aufdach-PV-Strom für fast das Doppelte ein (den wir ohne Batterien ohnehin nicht verwenden können). Das treibt dann 20 Jahre lang nur noch die Stromkosten hoch.

Meine Forderungen wären deshalb: Photovoltaik komplett aus der EEG-Förderung nehmen. Balkonkraftwerke und PV-Anlagen auf privaten Dächern werden trotzdem weiter boomen, weil diese durch Eigenverbrauch hochrentabel sind. Wir brauchen konkrete Festlegungen, wie viel Batteriekapazität jedes Jahr ans Netz gehen muss. Der Netzausbau muss überarbeitet werden. Geringere Lasten als geplant und mehr Batterien senken den Bedarf an Netzausbau. Wir müssen bei Smartmetern endlich vorankommen, um Lasten gemäß dem Stromangebot zu verschieben.

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also ein Smartmeter tut messen und melden
die vom Stromverkäufer gelieferten haben darüber hinaus noch EIN Relais eingebaut
das kann den Kunden vom Grid trennen
da wird also technisch höchstens der Privat Kunde als Last abgeworfen und zwar komplett

Das passt aber zur "angebotsortientieren Stromversorgung", ob es dem Kunden auch passt?