HV Akkusystem mit Natrium Ionen Zellen

Hallo,

ich stelle euch heute mein Projekt zum Bau und Entwicklung eines HV Akkusystems mit Natrium Ionen Akkus vor.

Über die Themen Hochvolt und auch Natrium-Ionen Technologie wurde hier im Forum bereits an anderen Stellen ausgiebig diskutiert. Deshalb möchte ich an dieser Stelle nur die Gründe nennen, die mich zu dieser Auswahl bewegt haben. Vorrangig soll es hier dann aber um die technische Umsetzung des Projektes und den Projektfortschirtt gehen.

Meine Beweggründe:

Thema 1: Hochvolt
Bei höheren Spannungen werden für die gleiche Leistung kleinere Ströme benötigt. Das hat Auswirkungen auf Leitungsquerschnitte (kleiner), Verbindungstechnik (kleiner und geringere Verluste), Elektronik (kleinere Ströme, Günstiger) und Sicherungssysteme (kleinere Ströme). Ja, bei der Isolation muss man hier mehr aufpassen. Wenn man das beim Design beachtet, ist das aber handhabbar. Mehr dazu weiter unten. Und ich beobachte, dass sich auf dem Markt immer mehr Hochvoltsysteme (Wechselrichter, Ladegeräte etc) tummeln. Kurz: Ich erwarte, dass diese Technik eine breitere Marktdurchdringung erreichen wird. Vor allem, bei größeren Anlagen ab einer Leistung größer gleich 10 kW.

Thema 2: Natrium Ionen
Diese Akkutechnik wird sich nach meiner Meinung zukünftig im stationären Bereich durchsetzen. Noch hat diese Technologie in der Praxis gegenüber Schwächen, wie einen geringeren Wirkungsgrad, geringere Zyklenfestigkeit (Aktuell laut Hersteller bei 4000) oder eine geringere Energiedichte. Ich gehe aber davon aus, dass diese Werte in Zukunft noch besser werden. Und ich hoffe, dass die Prognosen stimmen und die Preise für Natrium Ionen Zellen in Zukunft geringer sein werden als für Lithium Zellen. Aktuell ist das noch nicht der Fall.

Nun zum Projekt selber.

Ich habe bereits eine Anlage mit 9,7 kWp auf dem Dach aufgebaut mit einem Sungrow 10RT.

An diese Anlage soll nun noch ein Batteriespeicher angeschlossen werden.

Ich habe mir dazu 56 Na+ Zellen über Alibaba bestellt mit einer Nennkapazität von 210 Ah.
Die Zellen sind seit Januar bereits bei mir und werden seit dem alle getestet. Bisher bin ich mit der Qualität sehr zufrieden. Die Zellen erreichen eine Kapazität um die 215 Ah. Den Innenwiederstand der Zellen habe ich über eine Last von 10 A gemessen und berechnet. Mit dieser Methode messe ich einen leicht höheren Innenwiderstand von 0,8 mOhm als die angegebenen 0,5 mOhm. Das aber bei allen bisher getesteten Zellen gleich.

Den Aufbau des Akkusystems werde ich in 4x 14s-Module unterteilen, die in Serie geschaltet werden.
Jedes Modul bekommt ein eigenes BMS und ist für sich autark funktionstüchtig. Von jeder Zelle wird die Spannung und die Temperatur permanent überwacht. Die Zellen werden über Helltec Balancer ausgeglichen. Eine Sicherung und Relais, die das Modul im Problemfall trennen, werden ebenfalls integriert. Dazu wird der Strom und die Modulspannung überwacht.
Die Module werden in Serie geschaltet und über einen galvanisch getrennten RS485 Bus miteinander verbunden. Pro Modul wird ein 16s-Balancer verwendet, so dass eine Überlappung mit den anderen Modulen möglich ist. Damit wird dann über das gesamte System ausgeglichen und nicht nur pro Modul.

Darüber wird es eine kleine Kopfstation geben, die mit den einzelnen Modulen kommuniziert und die Kommunikation nach außen über CAN und RS485 realisiert.

Soweit zur Theorie.
Was habe ich bereits umgesetzt:

Die Zellen habe ich da und werden aktuell getestet. Das wird noch ein Weilchen dauern.
Ich habe kleine Platinen entwickelt, die die Spannung und die Temperatur der Zellen messen und über eine Daisy-Chain mit dem BMS kommunizieren. Die ersten Funktionsmuster haben gerade ihren ersten 48h Test erfolgreich in der ersten Serienverschaltung absolviert.
Da die Kommunikation mit dem Wechselrichter eine kritische Komponente ist, habe ich auch hier bereits erste Experimente gemacht. Ich habe dazu im CAN-Bus eine BYD-Batterie und auch eine Pylontech-Batterie siumuliert. Mein Sungrow Wechselrichter hat beide Protokolle akzeptiert. Diese Kommunikation funktioniert also zumindest im Grundsatz.

Die geplanten nächsten Schritte:

Ich werde die Module in der ersten Phase offen im Schwerlastregal aufbauen, um für die weiteren Tests an alle Komponenten ran zu kommen. Mein nächstes Etappenziel ist der Aufbau eines kompletten Moduls. Dazu muss ich jetzt noch weitere Funktionsmuster der Messplatinen bauen und das BMS weiter entwickeln.

Ach ja, was ich noch nicht erwähnt habe: Das BMS entwickel ich ebenfalls von Grund auf, da ich es für die geplante Modularität so benötige. Als Basis wird hierfür ein ESP32 Chip eingesetzt. Dafür müssen jetzt die Komponenten drumherum entwickelt werden bzw. ausgewählt werden. Stromversorgung (Spannungsregelung), DC-Hochstromrelais, Schalter, Sicherung, Galvanische Trennung.

Soweit zur ersten Erklärung. Wenn ich dann hier auch Bilder und Anhänge einbinden darf, liefere ich auch gerne noch Bilder dazu.

Ich freue mich auf den Austausch, Eure Ideen, Hinweise und Fragen. {green}:wink: {green}:sweaty:

Grüße

Thomas

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Thema verschoben in Hochvolt Bereich.

Das Thema interessiert mich sehr.

Hast du dazu ein github Projekt?

Im zugehörigen Wiki könntest du dann auch deine Schritte dokumentieren.

Welches BMS willst du da verwenden und die Blöcke zu überwachen.

Hallo,

oh, geht ja gleich los. Schön.

@ak75

Aktuell habe ich noch kein Github Projekt. Darüber habe ich, ehrlich gesagt, bis zu deiner Frage noch gar nicht nachgedacht.

@paulmelsec

Das BMS entwickel ich auch selber. Pro Modul soll ein ESP32 als Herzstück arbeiten. Der Überwacht die Zellen im Modul, misst den Strom und steuert auch den Balancer. Über Relais kann er die Ausgänge des Moduls trennen. Dann bekommt er eine galvanisch getrennte RS485 Schnittstelle, über die man die Module miteinander koppeln kann. so dass die Module untereinander kommunizieren können. Aktuell ist dann eine Kopfstation angedacht, die das Management des Gesamtsystems übernimmt. Alternativ könnte auch ein Modul die Funktion des Masters übernehmen und zusäztlich die Kommunikation nach Außen bereit stellen. Da bin ich mir noch nicht sicher, was besser ist. Ich konzentriere mich zunächst auf die Überwachung eines Moduls. Wenn das ordentlich funktioniert, habe ich ein besseres Gefühl, ob man das integriert oder lieber extra macht.

Die Abfrage der Zellspannungen und Temperaturen funktioniert bereits. Die Kommunikation zum Wechselreichter ist ebenfalls integriert. Zumindest die grundlegenden Telegramme. Da müssen dann aber noch die echten Funktionen dahinter.

Ich habe auch überlegt, ob es Sinn macht, die Module so zu konzipieren, dass man sie auch parallel schalten könnte. Dann könnte man auch Niederspannungsbatterien aufbauen. Allerdings müsste ich für die dann höheren Ströme, die Elektronik anpassen.

Grüße

Thomas

Nettes Projekt. Das ist in jedem Fall ein Git wert. :slight_smile:

Wie löst du die Problematik des Lichtbogens und Kurzschlusstroms?

Gute Punkte.

Ich werde hier SSR Relais testen. Die haben das Lichtbogenproblem nicht. Allerdings ist hier die Verlustleistung höher.

In Serie muss für das Kurzschlussproblem natürlich auch noch eine Sicherung. Hier habe ich auch gleich eine Frage in die Runde. Ich bin mir bei der Höhe der Durschlagsfestigkeit unsicher. Wie hoch sollte die sein?

Grüße

Thomas

Genau. DC SSR haben immerhin normalerweise zwischen 1 und 1,5 Watt Verlustleistung pro Ampere. Das ist schon heftig...

Hast du die steile Spannungskurve berücksichtig?

bei 56 Zellen liegt dann der Spannngsbereich zwischen 100,8V und 221,2V

Das wird eher nicht leicht einen passenden WR zu finden.

Wobei du ja bei der Spannung unterhalb der Netzspannung liegst und somit der Vorteil von HV noch nicht vorhanden ist.

@stromsparer99

Ja, die Spannungsbereiche muss man sehr genau beachten. Allerdings gibt es tatsächlich bereits einige Wechselrichter, die mit dem größeren Spannungsbereich von Na+ Akkus klar kommen. Dye und Sungrow sind solche Beispiele.

Ich denke, dass andersherum auch die Akkus in ihren Spannungsbereichen den jeweiligen Wechselrichtern angepasst werden müssen.

Für meinen Wechselrichter bräuchte ich 98 Zellen, um theoretisch knapp 99% der Akkukapazität nutzen zu können. Für den Start meiner Entwicklung habe ich mich allerdings entschieden, zunächst nur die 56 Zellen zu nehmen, um die Kosten geringer zu halten. Damit nehme ich allerdings in Kauf, die Zellen nie ganz entladen zu können, da der Wechselrichter bei 150 V auf hört. Das plane ich dann zu erweitern, wenn die ersten 56 Zellen sauber arbeiten.

Grüße

Thomas

Hallo,

ich

hatte euch

noch Grafiken und Bilder versprochen. Hier nun die ersten Aufnahmen:

Die 56 Zellen sind schon eine schöne kleine Sammlung.

Mit den der Qualität Zellen und der Verpackung bin ich sehr zufrieden.

Die Ladekurve einer Zelle. Du kleinen Unstetigkeitsstellen kommen nicht vom Akku sondern von den kleinen Unterbrechungen, die ich vorgenommen habe, um Kontrollmessungen durchzuführen.

Hier eine Aufnahme des ersten Testaufbaus für die Zellüberwachung.

Wärend der Montage und der Handhabung der Zellen wird der Minuspol mit einer Abdeckung geschützt, so dass ungewollte Kurzschlüsse vermieden werden.

Soweit zum aktuellen Stand.

Grüße

Thomas

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Wir haben ja einen Thread hier mit einer 70 AH SIB Zelle, wenn man die z.B. für einen 12 kW Deye perfekt anpasst, also das der Deye bei 1.8 V Zellspannung noch seine Nennleistung bringt, dann kommt da eine 180S/1P Batterie mit 40 kWh Kapazität bei raus, nichts unrealistisches.

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Naja, von unrealistisch hat ja niemand geschrieben.

HV Macht eben nur Sinn, wenn man oberhalb der Netzspannung bleibt, damit die Wandlungsverlust klein bleiben. Mit 56 Zellen ist das Projekt relativ sinnfrei.

Wenn man noch die Nachteile von Natrium Ionen Akkus einrechnet, muss man schon fragen, warum man nicht ein bewährtes 16S mit Lifepo4 baut.

Weil man kein "Allesschlechtreder" ist und NEUE Welten erkunden will, statt nur Altbekanntes nachzubauen? :slight_smile:

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Naja, er baut ein System das keinen Vorteil gegenüber eines 16S Systems hat.

Mit 56 Zellen hat er nicht die Vorteile eines HV Systems, dafür bräuchte er mindestens 133 Zellen oder mehr.

Die Natrium Zellen haben einen schlechteren Wirkungsgrad, höhere Selbstentladung und sind weniger Zyklenfest, kompatible BMS und WR sind Mangelware.

Also wo liegt hier ein Vorteil?

@4-0-automation

Wie bist du auf 14 Zellen pro Modul gekommen, gibt es einen technischen Grund dafür? 8s und 16s sind da viel weiter verbreitet, ich denke, auch bei WR ist das so bzw. wirds darauf rauslaufen bei Na?

Zum einschalten der Module kommst besser weg mit ein paar NMOS, wenn du BMS eh schon selber baust. Geht notfalls auch allpolig, hat etwas mehr Aufwand.

Wenn ESP, warum noch drahtgebundene Kommunikation zwischen den Modulen? Es gibt Protokolle mit wenig overhead, das Zentralmodul und die BMS könnten auch mit kleiner Leistung drahtlos untereinander reden?

Nochmal: Um neues zu erforschen braucht es keinen Vorteil!

Es geht um akademisches Wissen, Grundlagenforschung, etc.

Wenn man Vorteile suchen will, so kann man hier zb. Umweltbewusstsein, Nachhaltigkeit, Entsorgungsvorteile, Brandschutz etc. anführen.

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Ich würde hier bei den zumeist kurzen Wegen auch auf Kabel setzen, denn da ist das Risiko einer Fehlübertragung weitaus geringer.

Je nach Standort sind die ISM Bänder auch sehr überbelegt.

Wenn ich hier ein 433 oder 868 Protokoll analysieren will, muss ich schon in einen Bunker gehn, weil ansonsten alle 2-5 Sekunden was andres aus der Umgebung dazwischenfunkt.

Da bin ich voll dabei. Allerdings würde ich nicht absichtlich HV Technik, neuartige Akkuzellen, Eigenbau BMS und was weiß ich in ein Projekt packen.

Ich denke da genau anders herum. Aber das ist jeder so wie er mag.

Was willst du da erforschen?

Die Fakten zu den Zellen sind doch bekannt.

Dass ein HV System im unteren Spannungsbereich nicht effizient läuft, wissen wir auch.

Das Ergebniss ist doch vorhersehbar, das muss man nicht Testen/Erforschen.