Hallo ins Forum,
zunächst erst einmal vielen Dank an Andy, und den echt guten Content hier im Forum. Ich heiße Stefan, und bin selber Betreiber der Website "Solarbringer" zum Thema "Off-Grid Anlagen", sowie dem technischen und rechtlichen Background rund um dieses Thema.
Das hier konkret diskutierte Thema ist ein Langläufer, und geistert so oder in ähnlicher Form seit dem EEG 2000 durchs Netz. Man muss sich klarmachen, dass mit dem Aufkommen der in diesem Post beschriebenen DIY Off-Grid Anlagen eine ganze Kette etablierter Ökosysteme bedroht werden, oder sich zumindest bedroht fühlen. Netzbetreiber haben keinerlei Nutzen von solchen Guerilla Anlagen, denn potenziell fließt weniger Strom durchs Netz. Das schädigt langfristig das Geschäftsmodell - nicht nur der Netzbetreiber selbst, sondern auch der peripheren Stromlobby bis hin zum eingetragenen Installateur. Aus diesem Grund werden von Netzbetreibern und Co. immer wieder die NAV und andere verbandsinterne Richtlinien (z.B. RL 137 bis 144) zitiert. Falls der unliebsame Guerilla bis zu diesem Punkt noch nicht freiwillig den Rückzug angetreten hat, wird dann gerne auch das EEG 2023 mit seinen Bußgeldregelungen zitiert. Bisher auch erfolgreich.
Allerdings ist zu beobachten, dass sich die Situation in den letzten 3 Jahren klar zugunsten der Verbraucher verlagert hat. Zu sehen ist das an einer ganzen Reihe von Indikatoren. Ein interessantes Feld hierbei ist die Rechtslage und die Entwicklung der Gerichts-Urteile der jüngeren Vergangenheit. Es zeigt sich eine klare Tendenz - weg vom klassischen Lobby-Urteil, hin zu differenzierten verbraucherfreundlichen Urteilen. Ein interessantes Beispiel ist u.a. das Urteil "<a title="6U 201/20 des Landgerichts Frankfurt am Main" href=" Link entfernt " target="_blank" rel="noopener">6U 201/20 des Landgerichts Frankfurt am Main". Hier ging es u.a. um den berüchtigten §13(2) der NAV ("Arbeiten an der elektrischen Anlage dürfen nur durch ein eingetragenes Installationsunternehmen durchgeführt werden..."). Während in gleichgelagerten Gerichtsprozessen in der Vergangenheit immer wieder der beklagte Verbraucher das Nachsehen hatte, wurde hier zum ersten Mal vom Gericht der Geltungsbereich der NAV klargestellt. Der Hoheitsbereich des Netzbetreibers endet nämlich nach dem Zähler. Einen interessanten redaktionellen Artikel zu diesem Thema findet man <a title="Rechtslage: "genehmigungsfreie Solaranlage"" href=" Link entfernt " target="_blank" rel="noopener">hier auf der Solarbinger Site.
In einem <a title="wegweisendes Uteil zum EEG und zur NAV" href=" Link entfernt " target="_blank" rel="noopener">weiteren wegweisenden Urteil des AG Passau "17 C 388/12" wurde die gängige Praxis der Netzbetreiber - nämlich die Ermächtigung zur Installation von PV-Anlagen auf eingetragene Installationsunternehmen zu beschränken, als rechtswidrig abgestraft. Flankiert wurde das Urteil interessanterweise durch eine ausführliche Stellungnahme der offiziellen Clearingstelle EEG zur Frage "Wer darf PV-Anlagen installieren und in Betrieb setzen". Clearingstelle und Gericht stellten klar, dass die Belange von PV-Anlagen zum Thema "Erneuerbare Energien" in erster Linie vom EEG als dem führenden Gesetz geregelt sind. NAV und verbandsinterne Regelungen werden vom Gericht als nachranging klassifiziert. In diesem Urteil wurde das einschränkende Installateurverzeichnis der Netzbetreiber zum ersten Mal frontal angegriffen, und im Urteilsspruch als rechtswidrig und diskriminierend gebrandmarkt.
Fakt ist: Es gibt einen "Wind of Change", und das ist gut so.
Dennoch bleibt die Frage der Off-Grid Anlage ungeklärt. Konkret geht es um Off-Grid Anlagen, welche nicht einspeisen können. Bitte nicht verwechseln mit Nulleinspeise-Anlagen, welche zwar ebenfalls nicht einspeisen, es technisch gesehen jedoch könnten. Hintergrund ist, dass eine Nicht-einspeisefähige PV-Anlage nicht als EEG Anlage im Sinne des EEG und dessen Geltungsbereich zu werten ist. Zum Einen ist das gut, denn damit ist eindeutig klar, dass eine Off-Grid Nicht-Einspeise Anlage nicht anmelde- und genehmigungspflichtig im Sinne des EEG ist. Zum Anderen ist das schlecht, denn es besteht weiterhin Rechtsunsicherheit. Insbesondere deshalb, weil für diese Art Anlagen weder gesetzliche Grundlagen, noch verbandsinterne Regelungen existieren. Juristisch gesehen existiert dieser Anlagentyp schlicht und einfach nicht. Deshalb sind auch jedwede Fragen an Netzbetreiber oder andere offizielle Stellen sinnlos, weil nicht beantwortbar. Schlimmer noch: In diesem Fall greift wieder die schwammige NAV-Totschlag§13keule. Allerdings: Der Geltungsbereich der NAV wurde wie oben beschrieben durch einschlägige Gerichtsurteile auf die Grenze nach dem Zähler beschränkt. Was die Off-Grid Anlage in letzter Konsequenz zu einem konventionellen Verbraucher macht: Eine nicht-einspeisefähige Off-Grid PV Anlage ist nicht anders zu bewerten, als jeder andere stationär angeschlossene Verbraucher wie ein Backofen oder eine Sauna. Die NAV Legende besagt nun zwar, dass auch Sauna und Backofen ausschließlich von eingetragenen Installationsunternehmen installiert werden dürfen. Dieser folkloren Legende wurde jedoch spätestens seit vom oben beschriebenen Urteil 6U 201/20 die Grundlage entzogen.
Noch ein Tipp: Eine nicht-einspeisefähige Off-Grid Anlage sollte unter keinen Umständen im MaSt angemeldet werden. Es kommt ansonsten unweigerlich zum unliebsamen Showdown mit dem Netzbetreiber. Der beste Ratschlag, welcher hier schon an anderer Stelle sehr griffig formuliert wurde ist: "Einfach machen!"
Fazit: Das Thema "Off-Grid" bleibt spannend. Auf der Solarbringer Site findet Ihr weiterhin die aktuelle Entwicklung zur Rechtslage rund um dieses Thema.
Kollegiale Grüße an die Community vom Solarbringer