Hi Andreas,
zunächst möchte ich dir und deinem Team ein großes Lob und meinen Dank aussprechen. Der Content, den ihr produziert, ist auf einem hohen Niveau und bringt uns wirklich vorwärts. Dasselbe gilt für das Energie-Optimierungs-System (EOS), die Entwicklung verfolge ich von Beginn an. Ich bin überzeugt, dass darin enormes Potenzial steckt.
In meinem eigenen Energiesystem habe ich bereits eine PV-Anlage sowie einen go-e Charger mit go-e Controller integriert. Diesen Monat kommt ein Hausspeicher hinzu, wodurch ich auf evcc umsteigen muss, um Laden und Speichern optimal zu regeln. Aus meiner Sicht ist evcc ein großartiges Open-Source-Projekt, das kommerziellen Lösungen in vielerlei Hinsicht überlegen ist. Obwohl ich technisch ein wenig versiert bin (z. B. habe ich für die Uni ein Skript zur 24h-PV-Vorhersage als LSTM-Modell programmiert sowie ein Analyseprogramm zur Bestimmung der optimalen Speichergröße basierend auf historischen Daten des letzten Jahres entwickelt), könnte die Implementierung von evcc als Docker-Container oder in Home Assistant dennoch eine Herausforderung für mich darstellen – und sicherlich geht es vielen anderen ähnlich.
Allerdings bin ich überzeugt, dass evcc allein langfristig nicht ausreichen wird, sondern durch ein übergeordnetes Tool wie eures ergänzt werden muss. Dies wirft bei mir jedoch Fragen zur Kompatibilität auf:
1. Überschneidungen und Steuerungskonflikte zwischen evcc und EOS:
Obwohl evcc und EOS unterschiedliche Aufgaben haben, gibt es doch Überschneidungen, da beide Systeme dieselben Geräte steuern möchten, oder nicht? Das wirft bspw. folgende Fragen auf:
- Wenn ich in evcc einen Ladeplan definiere, berücksichtigt EOS diesen?
- Falls EOS PV-Überschussladen aktivieren möchte, wird dann evcc angeworfen? Oder wollt ihr so eine Regelung selbst etwickeln?
- Was passiert, wenn ich in evcc ein Ladelimit von 80 % für mein E-Auto setze – erkennt EOS dies und stoppt ebenfalls das Laden, oder kommt es zu Konflikten?
Kurz gesagt: Wie wird sichergestellt, dass beide Systeme koordiniert arbeiten und es nicht zu widersprüchlichen Steuerbefehlen kommt?
Ein erster sinnvoller Schritt wäre sicherlich eine stabile Home Assistant-Integration. Dort gibt es die meisten Möglichkeiten, verschiedene Geräte zu steuern und zusätzliche Logiken zu implementieren. Gleichzeitig bietet evcc aber bereits auch schon eine Vielzahl wirklich relevanter Verbraucher und Funktionen, darunter PV-Überschussladen, Ladelimits, aktive Batteriesteuerung und zunehmend auch Wärmepumpensteuerung sowie die Integration von EEBUS. Zudem überzeugt evcc durch eine benutzerfreundliche Einrichtung und eine gute UI.
2. Regulatorische Herausforderungen durch §14a EnWG
Eine zentrale Frage ist: Wer erhält und verarbeitet das Steuerungssignal der Netzbetreiber, wenn steuerbare Verbrauchseinrichtungen gemäß §14a EnWG gedimmt werden sollen?
Darüber hinaus sehe ich ein großes Risiko für Open-Source-Lösungen wie eure: Der Marktwert eurer Lösung ist enorm und mit eureren Ideen und der Vorgehensweiße seid ihr fast allen anderen Marktteilnehmern vorraus. Mich würde es nicht überraschen, wenn bereits kommerzielle Anbieter versucht haben/werden, euer Projekt zu übernehmen – und ihr das, ehrenwerterweise, aus Überzeugung abgelehnt habt/werdet. Doch genau das könnte zukünftig auf Widerstand stoßen: Kommerzielle Anbieter könnten versuchen, die neue (let's be honest wirtschaftsfreundliche) Regierung davon zu überzeugen, dass Open-Source-Lösungen §14a zu leicht umgehen können, und daher für gesetzliche Einschränkungen lobiieren. Sollte dies passieren, werden wieder monopolartige Insellösungen entstehen, die Verbraucher dazu zwingen, sich für ein vollständiges System eines einzigen Anbieters zu entscheiden. Dies würde die Energiewende eher verlangsamen als vorantreiben.
Zwei deutsche Open-Source-Projekte, die sich klar zur lokalen Gesetzgebung bekennen und netzdienliches Verhalten priorisieren, könnten zusammen auch politisch mehr Einfluss haben. Zwar mag das Thema heute noch nicht so relevant erscheinen – man denke an die vielen SG-ready-Wärmepumpen, die §14a nicht optimal umsetzen können – doch mit der Zeit wird diese Frage immer wichtiger. Ein Energy Management System, das die Einhaltung von §14a garantiert, wird früher oder später unumgänglich sein, mit oder ohne EOS.
Ich hoffe ich komme nicht rüber, wie jemand, der von der Seitenlinie kommentieren was falschläuft, denn es läuft nichts falsch und das Projekt ist großartig und viel zu schade, als dass es aus einem Grund nicht die marktreife und den Erfolg erreicht, den es verdient. Ich wollte nur meine Gedanken/Fragen (die sich sicher auch andere stellen) teilen und es freut mich, dass eurerseits auch schon über einen Kontakt nachgedacht wurde. Wahrscheinlich habt ihr einen Großteil, dessen, was ich hier wiedergegeben habe auch schon bedacht und diskutiert.
Natürlich muss das nicht jetzt umgesetzt werden, ein Verschmelzen beider Projekte ist sicherlich nicht sinnvoll, und ich verstehe, dass sich darüber Gedanken zu machen zum aktuellen Zeitpunkt evtl zu früh ist. Aber gerade weil die Aufgabe so groß ist, sollte darüber nachgedacht werden, ob man sich nicht Aufgaben teilt. Eine, aus meiner Sicht offensichtliche Lösung, wäre zu sagen evcc übernimmt die Ansteuerungen von Geräten (da bereits eine breite Basis an Wechselrichtern und Wallboxen besteht und jetzt damit begonnen wird Wärmepumpen mit ins Portfolio zu nehmen) und euer EOS übernimmt die Entscheidung wann welche Funktionen ausgeführt werden (beinhaltet also alle Forecasting Leistungen und eben die Optimierung unter Einhaltung von §14a). Dafür könnte es hilfreich sein klare Abgrenzungen und auch Schnittstellen zwischen den Systemen zu diskutieren um zu klären wer langfristig welche Funktionen abdeckt und ob man sich nicht gut ergänzen kann und wie, sodass man auch arbeitsteilig arbeitet und nicht zwei OpenSource Projekte sich an den gleichen Hürden die Zähne ausbeißen.
Alles Gute und Liebe Grüße!